Von Randy Barnett
Wenn die einzigen Netzqualitätsprobleme durch einphasige nichtlineare Lasten, wie z. B. Kopiergeräte und Drucker entstünden, würde uns die Messung der Netzqualität sehr viel einfacher vorkommen. Jedoch benötigen Sie in der Welt, in der wir heute leben, unabhängig davon, ob Sie Umfragen zur Netzqualität durchführen oder Fehler in elektrischen Anlagen suchen, einen dreiphasigen Netz- und Stromversorgungsanalysator. Das Einrichten eines Netz- und Stromversorgungsanalysators mit fünf Spannungsleitungen und vier Stromleitungen und das anschließende Auswählen aus verschiedenen Bildschirmen, die die Messung und Aufzeichnung von weit über einem Dutzend verschiedenen Parametern ermöglichen, können durchaus einschüchternd wirken. Dreiphasige Netz- und Stromversorgungsanalysatoren wie der Fluke 435, so leistungsstark sie auch sind, sind einfach zu bedienen, wenn Sie einmal die Grundzüge des Betriebs verstanden haben.
Überwachung der dreiphasigen Netzqualität ist ein Muss. Ob Sie rätselhaften Problemen mit der Elektrik auf den Grund gehen oder zusätzliche Dienstleistungen für einen Kunden erbringen möchten – von gewerblichen und industriellen Kunden sowie in der gesamten Anlage wird immer Drehstrom benötigt.
Installation eines dreiphasigen Analysators
Wenn Sie ein unspezifisches Problem untersuchen, ist der Netzanschlusspunkt ein guter Ausgangspunkt für eine allgemeine Untersuchung der Netzqualität. Der Netzanschlusspunkt ist die Schnittstelle zwischen Kunde und Energieversorger. Aus praktischen Gründen gehen wir davon aus, dass der Netzanschlusspunkt auf der Kundenseite des Tarifzählers liegt. Netz- und Stromversorgungsanalysatoren sollten an einer sicheren Stelle hinter dem Haupttrennschalter und unter Beachtung aller sicheren Arbeitspraktiken eingesetzt werden.
Wählen Sie vor der Installation des dreiphasigen Netzanalysators im Einrichtungsbildschirm des Messgeräts die Konfiguration für das Stromverteilungssystem. Der Fluke 435 bietet zehn verschiedene Konfigurationen. Die dreiphasige Sternschaltung wird am häufigsten für gewerbliche und industrielle Zwecke mit Spannungen von 480Y/277 oder 208Y/120 eingesetzt. Verwenden Sie zur Vermeidung von Verwechselungen beim Anschließen der Leitungen die farbigen Markierungen, um Spannung und Leitungen der im Konfigurationsbildschirm des Analysators angezeigten Farbe zuzuordnen.
Schließen Sie aus Sicherheitsgründen immer zuerst die Erdleitung an und dann die übrigen Spannungs- und Stromleitungen. Drücken Sie die Taste „Scope“ (Oszilloskop), um sämtliche Anschlüsse und die Drehrichtung zu prüfen.
Messung und Datenanalyse
Beginnen Sie mit der Messung und der Datenanalyse, indem Sie auf „Menu“ (Menü) drücken, um die zu analysierenden Parameter auszuwählen und einzustellen. Der Bildschirm „Volts/Amps/Hertz“ (Spannung/Strom/Frequenz) ist ein guter Ausgangspunkt. Dort können Sie sich einen Gesamteindruck der Systemzustände verschaffen. Ein wichtiger Wert ist der angegebene Scheitelfaktor. Dabei handelt es sich um das Verhältnis von Spitzenspannung und Effektivspannung. Der Betrag, den der Scheitelfaktor unter 1,4 fällt, ist ein Maß für die Abflachung der Sinuswellenspitzen. Sinuswellen, die zur Abflachung neigen, verhindern eine maximale Aufladung von Netzteilkondensatoren. (Diese Kondensatoren sind für eine Aufladung bis zur Spitzenspannung ausgelegt.) Nicht vollständig geladene Kondensatoren können zu Problemen führen, von Computersperren bis zu ungewollten Alarmauslösungen an elektronischen Geräten. Wenn dagegen der Scheitelfaktor über 1,4 steigt, ist dies ein Zeichen für eine andere Art der Verzerrung. Wenn dabei die Spitzenspannung zu stark ansteigt, kann dies zum Ausfall einzelner Komponenten führen. Es ist wichtig zu beachten, dass ein Echteffektiv-Multimeter auch dann noch zufriedenstellende Messwerte liefern würde, wenn der Scheitelfaktor vom Nennwert von 1,4 für die reine Sinusspannung abgewichen ist und Geräteprobleme verursacht. Aus diesem und anderen Gründen können Digitalmultimeter bei Problemen mit der Netzqualität eingesetzt werden.
Wenn der Anwender im Menü des Fluke 435 „Dips and Swells“ (Spannungseinbrüche und Spannungsüberhöhungen) auswählt, kann er sich Spannungsschwankungen im Lauf der Zeit anzeigen und aufzeichnen lassen. Spannungseinbrüche und Spannungsüberhöhungen sind relativ häufig auftretende Störungen der Spannungsversorgung. Spannungseinbrüche und Spannungsüberhöhungen sind kurzfristige Spannungsschwankungen im Stromverteilungssystem nach unten (Einbruch) oder nach oben (Erhöhung). Spannungseinbrüche können bei elektronischen Geräten zu Funktionsstörungen, netzunabhängiger Motorauslösung und sogar zu Störungen oder Ausfällen von Relais führen. Im Laufe der Zeit können Spannungsüberhöhungen zu Schäden an der Isolierung und zum Ausfall von elektronischen Komponenten führen.
Nichtlineare Lasten, wie z. B. Antriebe mit variabler Frequenz und unterbrechungsfreie Stromversorgungen, erzeugen Oberschwingungsspannungen und -ströme. Die Frequenzen der Oberschwingungsströme sind ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz (60 Hz). Die dritte Oberschwingung für Spannung und Strom beträgt beispielsweise 3 x 60 Hz oder 180 Hz. Die fünfte Oberschwingung läge dann bei 300 Hz. Oberschwingungsströme verzerren die Sinuswelle der Grundschwingung (60 Hz) und verursachen Funktionsstörungen bei elektronischen Geräten. Die gesamte harmonische Verzerrung (THD) ist die Summe der Verzerrungen, die durch Oberschwingungen erzeugt werden, und gibt das Maß der Verzerrung an. Eine Gesamtverzerrung der Spannung von 5 Prozent kann die Funktion der Verbraucher beeinträchtigen. Die gesamte harmonische Verzerrung lässt sich leicht am Netz- und Stromversorgungsanalysator ablesen.
Bestimmte Oberwellenfrequenzen können zur Überhitzung von Neutralleitern, einem Rückdrehmoment und Überhitzungen in Motoren führen. Der normale Arbeitszyklus nichtlinearer Lasten verändert Frequenz und Größe der Oberschwingungsströme im Stromverteilungssystem. Über die Auswahl der Oberschwingungsfunktion im Menübildschirm können Sie sich die Frequenzen und Amplituden von Oberschwingungen anzeigen lassen.
Angesichts steigender Energiekosten nimmt der Energieverbrauch in den Anlagen einen immer höheren Stellenwert ein. Die Blindleistungskosten können bei einem ungünstigen Leistungsfaktor erheblich sein und selbst in mittelständischen Produktionsanlagen mehrere zehntausend Euro pro Monat betragen. Der Leistungsfaktor ist das Verhältnis zwischen der tatsächlich von einer Anlage aufgenommenen Leistung (kW) und der vom Energieversorger gelieferten Scheinleistung (kVA). Wenn die Scheinleistung im Vergleich zur tatsächlich in Arbeit umgewandelten Leistung zu groß ist, kommt es zu Blindleistungsverlusten. Wenn Sie im Menübildschirm „Power and Energy“ (Leistung und Energie) wählen, können Sie den Leistungsfaktor ablesen. Große Motorlasten, die den Leistungsfaktor beeinträchtigen, können isoliert und Blindleistungskompensatoren installiert werden. Häufig lassen sich so die Blindleistungskosten auf Null senken.
Gewerbliche und industrielle Kunden zahlen möglicherweise auch Spitzenbedarfskosten. Der Spitzenbedarf ist die maximale Leistung, die über einen Zeitraum von 15 oder 30 Minuten aufgenommen wird. Die Energieversorger legen ihre Geräte auf die Befriedigung dieses Bedarfs aus und berechnen die kW-Nutzung üblicherweise anhand der Spitzenbedarfswerte. Mit dem Netz- und Stromversorgungsanalysator können Leistung, Scheinleistung und Blindleistung überwacht werden und anschließend intelligente Energiemanagemententscheidungen getroffen werden.
Flicker ist eine wahrgenommene Leuchtdichteänderung, die auf Spannungsschwankungen zurückzuführen ist. Flicker wird kurz- und langfristig gemessen. Zu viel Flicker ist unangenehm für das menschliche Auge und kann die Energiekosten erhöhen. Wenn Sie bei der Untersuchung von Problemen mit der Netzqualität im Menü den Bildschirm „Flicker“ wählen, erleichtert Ihnen dies die Suche nach der Ursache von Flicker, wie z. B. Schweißgeräte, Lichtbogenöfen oder Direktumrichtergeneratoren.
Unsymmetrische Spannungen treten in einem dreiphasigen System auf, wenn zwischen den drei Phasen eine ungleiche Lastverteilung vorherrscht. Wenn zu viele einphasige Lasten an einer bestimmten Phase platziert werden, führt dies zu einer niedrigeren Spannung an dieser Phase im Vergleich mit den anderen beiden. Die Spannungen an dreiphasigen Motoren kommen dadurch in eine Unsymmetrie. Antriebe mit variabler Frequenz erzeugen möglicherweise Oberschwingungen, die ihre Leistung beeinträchtigen können. Spannungsunsymmetrie wird im Bildschirm „Unbalance“ (Unsymmetrie) gemessen und sollte 2 Prozent nicht übersteigen, ohne dass Korrekturmaßnahmen ergriffen werden.
Transienten sind Spannungsänderungen von kurzer Dauer, die meist nur für einen Bruchteil einer Sinuswelle auftreten, aber unerwünschte Effekte bewirken können. Ein Blitzschlag kann als stärkster Transient betrachtet werden, jedoch können auch andere Ursachen, wie der Betrieb mit großen Lasten oder Kondensatorgruppen, zu Problemen führen. Der Ausfall elektronischer Geräte ist eines der schwerwiegendsten Probleme, die durch Transienten verursacht werden können. Aufgrund ihrer Natur können Transienten nur mit speziellen Überwachungsgeräten erfasst und gemessen werden. Die Transientenfunktion des Fluke 435 zeichnet Spannungspegel auf und erleichtert so die Erkennung transienter Zustände.
Die Einschaltströme von Motoren können beim Start das Fünf- bis Siebenfache (oder mehr) ihrer Stromspezifikationen unter Volllast erreichen. Diese großen Ströme können zu erheblichen Spannungseinbrüchen im Verteilungssystem führen, wodurch es zu den oben genannten Problemen kommt, die mit diesen Einbrüchen einhergehen. Mithilfe der Einschaltstromfunktion des Fluke 435 können die Werte des Einschaltstroms im zeitlichen Verlauf beim Ein- und Ausschalten des Motors gemessen werden.
Die Versorger verwenden möglicherweise ihr Energieverteilungssystem für die Übertragung von Signalen höherer Frequenzen, um Geräte ein und auszuschalten (Welligkeitssteuerung). Über die Menüoption „Mains Signaling“ (Rundsteuersignale) kann der Fluke 435 den Zeitpunkt des Auftretens dieser Signale erfassen, um die Fehlersuche bei vermuteten Signalproblemen zu unterstützen.
Die Auswahl der Protokollfunktion (Logger) im Menü des Fluke 435 ermöglicht die Protokollierung verschiedener Systemparameter wie Spannung, Strom, Energie und durch den Klirrfaktor bedingte Scheitelfaktorabweichungen. Die Möglichkeit, Daten herunterzuladen, die über die Zeit gesammelt wurden, und diese anschließend mit dem Betrieb von Anlagengeräten, wie z. B. großen Motoren oder nichtlinearen Lasten, vergleichen zu können, kann bei der Fehlersuche und bei der Ermittlung der Ursachen für Probleme mit der Netzqualität behilflich sein.
Senken der Energiekosten
Netz- und Stromversorgungsanalysatoren wie der Fluke 435 sind leistungsstarke Mess- und Aufzeichnungswerkzeuge, die einzigartige Probleme mit dem elektrischen Verteilungssystem nicht nur diagnostizieren und isolieren, sondern auch zur Senkung der Energiekosten beitragen können. Die Amortisationszeiten für eine Investition in derartige Geräte und der damit verbundene Schulungsaufwand können im Verhältnis zu den möglichen Ausfallzeiten oder Geräteschäden sehr gering ausfallen. Der Schlüssel liegt darin, einen Netz- und Stromversorgungsanalysator zu finden, der die benötigten Daten misst und aufzeichnet, einfach einzurichten und zu bedienen ist und anschließend für das Herunterladen und die Analyse dieser Daten sorgt. Für Personen, die die Netzqualität bereits überwachen oder die Grundlagen der Netzqualität erlernen möchten – was zu messen ist, worauf zu achten ist und wie dies zu erfolgen hat – ist der Fluke 435 bestens geeignet.