Von Jack Smith
Wenn es zu einem Lichtbogen kommt, wird eine enorme Menge an konzentrierter Energie explosionsartig vom Ausgangspunkt aus freigesetzt. Ein sofortiger hochintensiver Blitz entsteht, der die Augen schädigen und bis zur Erblindung führen kann. Innerhalb eines Lichtbogens können Temperaturen von bis zu 19.426 °C erreicht werden. Diese hohen Temperaturen können schwere Verbrennungen nach sich ziehen (Abbildung 1). Die Druckwelle eines Lichtbogens kann bis zu 200 lb/in² stark werden. Dabei können Mitarbeiter zu Boden gerissen oder mehrere Meter in die Gegend geschleudert werden und Knochenbrüche, Hirn- und innere Verletzungen sowie Hörverluste erleiden. Kupferleiter verdampfen. Nicht eingedampftes Material kann schrapnellartig splittern und Punkt- und Schnittwunden hervorrufen (Abbildung 2). Lichtbogenverletzungen können tödlich sein.
Für eine genaue Einschätzung des Lichtbogenrisikos muss man die Daten kennen. „In den USA tritt etwa 10 Mal am Tag ein Lichtbogen auf“, erklärt Joe Weigel, Produktmanager für Square D Services bei Schneider Electric. „Schwere Verletzungen wie Verbrennungen dritten oder vierten Grades können die Folge sein. Die Kosten für eine medizinische Behandlung belaufen sich auf durchschnittlich 1,5 Millionen $. Die Gesamtkosten inklusive Rechtsstreitigkeiten können leicht 8 bis 10 Millionen $ erreichen, in manchen Fällen sind sie sogar noch höher. Durchschnittlich kommt jeden Tag eine Person in einem Lichtbogenunfall ums Leben.
Untersuchung von Unfällen
Bei einem schwerwiegenden Lichtbogenunfall in der Industrie leitet die OSHA (Occupational Safety and Health Administration) des US-amerikanischen Arbeitsministeriums Untersuchungen ein. In diesem Rahmen wird der Arbeitgeber nach seinen Unterlagen zu Schulungen zur elektrischen Sicherheit und zur Lichtbogengefahrenanalyse befragt. Wenn sich herausstellt, dass der Arbeitgeber einen dieser Bereiche vernachlässigt hat, können ihm von der OSHA empfindliche Geldstrafen auferlegt werden. Wenn es beim Unfall zu Verletzungen oder Todesfällen kam und die Angehörigen den Klageweg beschreiten wollen, kann es für den Arbeitgeber noch viel unangenehmer werden.
Der Anwalt der Angehörigen muss nachweisen, dass der Arbeitgeber fahrlässig oder unangemessen gehandelt hat. Um die Glaubwürdigkeit zu untermauern, berufen sich Anwälte oft auf die Aussagen fachkundiger Zeugen. Anhand der forensischen Nachweise aus Vorfallsuntersuchungen können solche Experten die Umstände, die zum Vorfall geführt haben, meist rekonstruieren.
Diese Untersucher sind meist Elektroingenieure mit vielen Jahren Praxiserfahrung. Sie sind sehr versiert im Umgang mit Stromunfällen und kennen deren Ursachen. Viele sind Berater, die im Rahmen ihrer hauptberuflichen Tätigkeit Unternehmen bei der Einhaltung von Gesetzen und Standards zur Vermeidung derartiger Vorfälle unterstützen.
Der Prüfer führt in der Regel eine Vorfallanalyse durch, um Fakten zu sammeln. Diese Analyse beinhaltet meist die Durchsicht von Dokumentation, Untersuchung des Unfallorts, Befragung von Zeugen und Bewertung dieser Tatsachen zur Bestimmung der Faktoren, welche den Vorfall ausgelöst haben. Dies kann sich sehr komplex gestalten, da den Vorfällen oft eine oder mehrere Abfolgen von Ereignissen vorausgehen.
Diese vorläufige Untersuchung ist die erste Phase der Analyse, in der genau festgestellt wird, was passiert ist und ob genügend Belege vorliegen, die eine tiefergehende Analyse rechtfertigen. Wenn eine tiefergehende Analyse erfolgt, soll damit der Grund des Vorfalls ermittelt werden. Diese Ergebnisse können BeNachweise (falls vorhanden) enthalten, die der Anwalt bei der Prozessführung verwenden kann.
Vorbereitung und Schutz
DieseZwei Arten von Situationen lassen sich vermeiden. Informationen zur Vermeidung von Lichtbögen finden immer weitere Verbreitung. Fachverlage, Hersteller, Berater und Anbieter elektrischer Schulungen stellen seit fast 10 Jahren ausführliche Informationen über Lichtbögen zur Verfügung. Eine wachsende Branche hat sich rund um die Gefahrenanalyse, Schulung, persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Lichtbogenschutzausrüstung entwickelt.
NFPA 70E: Standards for Electrical Safety in the Workplace ist die umfassendste Referenz zum Schutz von Mitarbeitern vor den Gefahren von Stromschlägen und Lichtbögen. Die neuste 2009er-Fassung trat am 5. Sept. 2008 in Kraft und die 2012er-Fassung ist für Herbst 2011 geplant. Auch wenn PSA im Wesentlichen dem Schutz vor Lichtbögen dient, werden in NFPA 70E auch Gefahren durch Stromschläge erörtert. So umfasst die PSA gegen Stromschläge auch Isolierhandschuhe, die zusätzlich zu Lederhandschuhen getragen werden müssen.
H. Landis „Lanny“ Floyd, Hauptberater für elektrische Sicherheit und Elektrotechnik bei DuPont Engineering:, “„Eine wichtige Neuerung in der 2009er-Fassung von NFPA 70E ist der kleingedruckte Hinweis in Absatz 110.7, der auf ANSI Z10-2005, Occupational Health and Safety Management Systems verweist, der eine Hierarchie der Gefahrenkontrollmaßnahmen enthält, die sich auf jede Gefahr am Arbeitsplatz anwenden lässt.”
Diese Hierarchie der Gefahrenkontrollmaßnahmen unter ANSI Z10 umfasst nach Floyd:
- Vermeidung der Gefahr
- Austausch durch weniger gefährliche Geräte oder Materialien
- Technische Steuerungen zur Reduzierung der Gefahr oder des Schweregrads
- Warnhinweise, Beschilderungen und sonstige Mitteilungen
- Administrative Kontrolle, darunter sichere Arbeitspraktiken
- Persönliche Schutzausrüstung
„Die ersten fünf Gefahrenkontrollmaßnahmen sollen dabei helfen, einen Stromunfall zu verhindern“, erläutert Floyd. „Mit der letzten Kontrollmaßnahme – dem Tragen von PSA – sollen Verletzungen so weit wie möglich vermieden werden, wenn sich der Vorfall durch die übrigen Kontrollmaßnahmen nicht vermeiden ließ.”
Das Tragen von PSA ist ein wichtiges Element in jedem Sicherheitsprogramm zur Minimierung des Lichtbogenrisikos am Arbeitsplatz. Floyd fügt einschränkend hinzu: „Dies sollte nicht die einzige Kontrollmaßnahme sein.“ Eine Lichtbogen-PSA kommt in Kombination mit den anderen Kontrollmaßnahmen zur Minimierung des Schweregrads der Verletzung im Fall eines Lichtbogenvorfalles zum Einsatz. Damit ein optimaler Schutz durch die PSA gewährleistet ist, muss die Wärmeleistungsspezifikation mindestens der übertragenen thermischen Energie während des Lichtbogenstörfalls entsprechen. Am besten lässt sich die Übertragung der thermischen Energie bzw. Energieübertragung während des Vorfalls mithilfe einer Lichtbogengefahrenanalyse vorhersagen. Die PSA-Kleidung und das PSA-Zubehör können dann anhand von Leistungsspezifikationen ausgewählt und der freigesetzten Energie zugeordnet werden.“
Gefahrenrisikostufe | Schutzstufe | PSA |
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O | 0 bis 1,2 cal/cm² |
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I | 1,2 bis 4 cal/cm² |
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II | 4 bis 8 cal/cm² |
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III | 8 bis 25 cal/cm² |
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IV | 25 bis 40 cal/cm² |
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Risikoklassen von Gefahren hängen von der Energie und nicht vom Spannungspegel beim Vorfall ab. In der obigenvorstehenden Tabelle sind die Risikoklassen der Gefahren, die Schutzstufe in cal/cm² und die Unterschiede bei der PSA-Anforderungen für die jeweilige Klasse aufgeführt. Für alle Klassen sind ein langärmliges Hemd, eine Schutzbrille, Lederhandschuhe und Lederarbeitsschuhe erforderlich. Auch ein Gehörschutz ist für alle Klassen erforderlich. Beim Gehörschutz muss es sich jedoch um Inserts für Risikoklasse I bis IV handeln, da Ohrschützer schmelzen können. Für die Risikoklassen I bis IV sind zudem lichtbogengetesteter Gesichtsschutz und spannungsgetestete Handschuhe erforderlich. Für Klasse I und II sind Schutzhelme erforderlich, da nur bei Klasse 0 weniger Energie bei einem Vorfall freigesetzt wird. Für die Kategorien III und IV sind Lichtbogenanzüge mit Hauben vorgeschrieben. Die Gefahrenrisikoklasse II enthält nun eine Bestimmung, gemäß derer eine lichtbogenzertifizierte Lichtbogenanzughaube oder ein Gesichtsschutz mit einer Mindest-Lichtbogenspezifikation von 8 cal/cm² und Kopfmaske vorgeschrieben ist.
Die meisten Elektriker sind zwischen 30 und 50 Jahre alt. Die meisten unter ihnen haben Angehörige, die erwarten, dass sie jeden Tag nach der Arbeit sicher nach Hause kommen. Es steht zu viel auf dem Spiel, um Abkürzungen zu nehmen. Mit Schritten zur Vermeidung von Lichtbogenvorfällen lässt sich die Häufigkeit ihres Auftretens reduzieren. Das Tragen und Verwenden angemessener PSA sorgt für weniger Verletzungen und kann lebensrettend sein.